Historisches



Leavold, Patrice

Im Schatten der Lilie
Die Erinnerungen der Eleonore von Aquitanien.


Eleonore von Aquitanien, eine der wenigen gebildeten Frauen ihrer Zeit läßt ihr aufregendes Leben noch einmal an sich vorüberziehen: Die Kindheit, wohlbehütet am kultivierten Hofe zu Poitiers verbracht, die Vermählung als Fünfzehnjährige mit Louis, dem König von Frankreich, die Kreuzfahrt ins Heilige Land. Alles überstrahlt jedoch ihre schicksalhafte Liebe zu Geoffroi, dem Grafen von Anjou. Diese amour fou überschattet Eleonores gesamtes Tun und Denken. Nach der Annullierung ihrer Ehe mit Louis scheint einem glücklichen Ende dieser heimlichen Leidenschaft nichts mehr im Wege zu stehen - doch Geoffrois plötzlicher Tod macht alle Hoffnung zunichte. Eleonore heiratet schließlich Geoffrois Sohn Henri und wird zur mächtigsten Herrscherin ihrer Zeit.
Soweit zu den kurz angerissenen historischen Begebenheiten. Das Buch von Patrice Leavold beschränkt sich zu meiner Enttäuschung all zu sehr auf die geheime Liebesgeschichte. Streckenweise hat es sogar den Anschein als diene der historische Aspekt lediglich als Füllmaterial zwischen zwei geheimen leidenschaftlichen Treffen der Protagonisten. Es entspricht so gar nicht der historischen Persönlichkeit der Eleonore von Aquitanien. Ihre wichtige Rolle als Mäzenin der Kunst, als Befürworterin und Förderin der Philosophie - ihre Begegnung mit Abelard ist nicht mehr als ein halbes Kapitel wert - wurde in viel zu geringem Maß gewürdigt. Zudem verleiht Leavold ihrer Eleonore eine Sprache, die diese zweifellos beeindruckende Frau für mich nicht sehr sympathisch macht. Eleonore wirkt eher besserwisserisch als klug, eher weibchenhaft und geschwätzig als emanzipiert.
Ein flaches Buch über das Leben einer unglaublich starken, interessanten Frau, reduziert auf eine nicht einmal in ihrer Beschreibung fesselnde Liebesgeschichte - eine Enttäuschung. Schade um den Stoff.


Bergisch Gladbach 2000 Gustav Lübbe Verlag. 541 S.
Aus dem Englischen von Barbara Reitz
Thomas Jürgens





Köster-Lösche, Kari

Die Wagenlenkerin

Es beginnt im Olymp, dem Sitz der griechischen Götter. Die Allmutter Gaia beschließt, sich mit dem jüngst aus Asia eingeführten Streitwagen zu amüsieren. Doch muß erst geprüft werden, ob er auch für Frauen taugt. Gaia beauftragt also ihren pfiffigen Urenkel Pan, eine Frau zu finden, die am Wagenrennen der 211. Olympischen Spiele teilnehmen - und natürlich gewinnen soll.
Alexandra, adelige Tochter aus der Stadt Elis und unverbesserliche Pferdenärrin, scheint die Idealbesetzung für dieses göttliche Vorhaben zu sein. Als sie sich - als Jüngling verkleidet - bei den Lykaischen Spielen tatsächlich qualifiziert, scheint der Weg zu den Olympischen Spielen frei. Im Gegenteil beginnt für Alexandra aber ein nicht endenwollender Kampf um ihre Starterlaubnis, denn unwissentlich ist sie in ein fein gesponnenes Netz aus Intrigen, Machtspielen und Racheakten gestolpert. Im Mittelpunkt dieser verhängnisvollen Vorgänge steht Idaios, machtbesessener Priester des neuaufkommenden Apollonkultes. Idaios scheint alles unter Kontrolle zu haben: Die Kultgemeinschaft, die wichtigsten Beamten der Stadt, Alexandras Familie, ja sogar die Gunst der Götter.
Als Alexandra schließlich Idaios Geheimnis lüftet, schwebt sie in Lebensgefahr. Doch mit Hilfe des Töpfers Antenor, der ihr nie von der Seite weicht, und Pans nehmen die Dinge eine glückliche Wendung: Alexandra siegt im Wagenrennen, erfährt das Geheimnis ihrer Familie und kann im letzten Moment sogar noch Haus, Hof und Familienvermögen retten.
Kari Köster-Lösches Buch liest sich zügig und ist modern formuliert. Für ihre historischen Recherchen erhielt sie außerdem ein Stipendium des Auswertigen Amtes. In Kombination mit den gut durchdachten, schlüssigen Krimielementen ergibt das nicht allzu anspruchsvolles, aber durchaus spannendes Lesefutter.
Nach "Die Heilerin von Alexandria" und "Die Erbin der Gaukler" ein weiteres Buch für Fans durchsetzungskräftiger Frauenfiguren. Die leichte Muse grüßt vom prasselnden Kamin oder aus dem Urlaub!



München: List 2000. 480 S. öS
Thomas Jürgens


Manfredi, Valerio Massimo

Alexander. König von Asien

Valerio Massimo Manfredi legt hier den zweiten Teil seiner Alexander - Trilogie vor. Der Roman setzt in dem Augenblick ein, in dem Alexander gleich seinem Vorfahren Achilleus vor den Toren Trojas steht. Hier beginnt seine abenteuerliche Reise Richtung Osten, was vor ihm noch kein Makedone gewagt hat. Am Fluß Granikos trifft Alexander auf Memnon, der im Dienst des persischen Großkönigs Dareios steht. In ihm sieht Alexander seinen einzigen ernstzunehmenden Feind, einen Mann, der ihm in Kriegskunst und Listigkeit absolut ebenbürtig ist. Alexander strebt ein direktes Aufeinandertreffen mit Memnon an. Doch Memnon fällt einer heimtückischen Krankheit zum Opfer - ob es sich tatsächlich um eine Intrige ohne Alexanders Wissen handelt, läßt der Autor offen. Barsine, Memnons Witwe, erobert Alexanders Herz, aber Frauen sind für den großen Feldherren Etappen auf seiner langen Reise. Er löst den Gordischen Knoten - das Orakel sagt demjenigen die Herrschaft über das gesamte asiatische Reich voraus. In Issos gerät Alexander in einen Hinterhalt, doch mit Kriegslist, ungeheurem Willen und beinahe übermenschlicher Ausdauer besiegt Alexander das persische Heer. Mit seiner Befragung des Orakels in der ägyptischen Oase in Siwa endet dieser zweite Teil der Romantrilogie.
Manfredi zeichnet seinen Helden Alexander als Mensch, der hohe Ideale hat, bei dem wie bei so vielen großartigen Persönlichkeiten die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn zu verschwimmen droht. Die Darstellung der anderen Charaktere leidet in meinen Augen etwas darunter, sie wirken eher flach.
Alexander sagt einmal: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen." In diesem Sinn flicht der Autor, selbst promovierter Archäologe und Altphilologe, Hinweise auf mythische oder historische Begebenheiten ein, die dem Roman dadurch mehr Authentizität verleihen.
Claudia Schmitt hat dieses Buch in ein zeitgenössisches, sehr legeres Deutsch übertragen. Das kommt dem Buch zugute, obwohl ich es doch primär als "Historienschmöker" bezeichnen würde.



A.d. Italien. München: Kabel Verlag GmbH 2000. 454 S.
Thomas Jürgens


Störmer, Wilhelm:

Die Baiuwaren: von der Völkerwanderung bis TassiloIII/

Eine kurze, verständliche und informationsreiche Geschichte des Bayervolkes von ihrem Eintritt in die Historie während der Völkerwanderungszeit bis zum Entstehen des mächtigen Herzogtums der Agilofinger im 8. Jahrhundert wird dem Leser im Vorwort versprochen. Und es ist kein leeres Versprechen. Genau, präzise, auf namhafte historische Quellen gestütztmacht uns der Autor mit der Geschichte dieses höchst eigenwilligen Volksstammes vertaut.
Da es über 2 Jahrhunderte keine schriftlichen Überlieferungen gab, wird diese "geschichtslose" Zeit anhand von Ortsnamen(ing-ingen) und Gräberfunden in mühevoller Kleinarbeit rekonstruiert.
Die folgenden "historischen" Kapitel beschäftigen sich mit der Entstehung des Stammes, dessen Umfeld und die dort ausgeführten Operationen.Die Anfänge des Herzogtums Bayern, seiner Vertreter, Garibald, Theodo und des bekanntesten der Sippe TassiloIII mit ihren Erbschaftsstreitigkeiten, familienpolitischen Ränken und Intrigen, werden sehr anschaulich dargestellt.Dabei wird Bezug genommen auf die Verbindung ihrer Aktivitäten mit den Ereignissen im gesamten europäischen Raum(sowieit damals bekannt)Z.B.: Der "Bulgarenmord".
In den letzten Kapiteln wird die Struktur des Herzogtums Bayern dargestellt ("Lex Baiuvariorum"), dessen Expansion und Wirtschaftskraft, sowie dessen größte Stärke: Die Bistumsorganisation und die damit verbundenen, zahlreichen, bis in die heutige Zeit bestehenden Klostergründungen.Diese waren und sind bis heute noch eine unerschöpfliche Quelle für Bildung und Wissenschaft, fortgelebt in ihren Bibliotheken und darin aufbewahrten zahlreichen Handschriften (Muspilli, Hildebrandslied).

Die Becksche Reihe "Wissen" bürgt für Qualität. Für Studenten und informationsbedürftige Leser, die sich über bestimmte Themen einen Überblick verschaffen wollen, ist dieses Bändchen mit Illustrationen und Kartographien eventuell geeignet.

Wilhelm Störmer.-Orig.-Ausg.-München:Beck,2002.-128S.:Ill.-(Becksche Reihe;2181:C.H.Beck (Wissen)


Straub, Eberhard :

Eine kleine Geschichte Preussens

Des Autor versucht hier aufzuzeigen, wie sich Preussen (und Brandenburg) unter den Hohenzollern von einem unbedeutenden, geographisch nicht zusammenhängenden Land zu einem mächtigen, wohl organisierten Staat entwickelte. Dabei beschreibt Straub, wie die Organisation des Staates ständig reformiert wurde, um sich den Gegebenheiten anpassen zu können. Immer wieder ist es ein hohes Bildungsideal, das angestrebt wird, um die Verwaltung zu optimieren und zu rationalisieren. Immer wieder wurden Wege beschritten, die dem Ideal von Freiheit für die Gesellschaft bzw. Für die Bürger dienten: Religionsfreiheit, Bauernbefreiung, Judenemanzipation, Gewerbefreiheit und Stadtrechte wurden hier eher verwirklicht als sonstwo. Auch das Steuersystem wurde den Erfordernissen immer wieder angepaßt, was vor allem zur Aufstellung eines stehenden Heeres notwendig war. Die Entwicklung des Militärwesens von der Söldner- bzw. Freiwilligenbasis hin zur allgemeinen Wehr-pflicht einerseits und vom fallweise aufgestellten Bedarfsheer zum stehenden Heer mit ausgebildeten Offizieren andererseits veranschaulicht die kluge Voraussicht der preussischen Könige und ihrer Kanzler. Der Leser erfährt einiges über die lange Entwicklung vom Staat, an dessen Spitze ein machiavellischer "Principe" steht, zu einem modernen, liberalen und demokratischen Staat mit Ge-waltentrennung. Ebenso erfährt man einiges über die Förderung und Entwicklung von Wissenschaft und humanistischer Bildung, um die einzelnen Menschen zu befähigen, hohe Leistungen für den Staat und die Gesellschaft zu erbringen. Alles das stellt der Autor kontinuierlich in das Umfeld der gesamteuropäischen politischen Entwicklung. Das Kräftespiel zwischen Preussen, Russland, Schweden, Frankreich, England und nicht zuletzt Österreich kommt klar zum Ausdruck und wird in jeder Entwicklungsphase scharfsinnig durchleuchtet und kommentiert. Dabei wird die Zeit vom 15. Jahrhundert bis herauf zum Nationalsozialismus behandelt, obwohl eigentlich schon die Ernennung Wilhelms II. (I.) zum Deutschen Kaiser im Jahre 1871 das Ende des selbständigen Staates Preussen bedeutete.
Eberhard Straub, geb. 1940, ist Historiker und hat mehrere Werke zur Deutschen Geschichte verfaßt. Er besticht durch seine klaren, scharfsinnigen Ausführungen, die trotz ihrer Kürze die Zusammenhänge und damit das Wesentliche verständlich machen.
In den ST.B. gibt es zwei weitere Titel, allerdings nur in der Hauptbücherei, die sich guter Au-leihzahlen erfreuen. Ich kann das Buch für jede Bücherei empfehlen. Auswahlliste

Eberhard Straub. - 1. Aufl.. - Berlin : Siedler, 2001. - 174 S. : graph. Darst., Kt.
Spitzenberger Friedrich



Oth, René

Inkas, Mayas und Azteken
Die wahre Geschichte der Indianer Mittel- und Südamerikas.

René Oth legt ein weiteres Buch über Indianer vor. Dieses Mal gilt sein Interesse den indianischen Kulturen Mittel- und Südamerikas. Neben den bekannten Völkern der Inkas, Mayas und Azteken, über die es schon viele Bücher gibt, berichtet René Oth lobenswert auch über andere Völker dieser Region. So erfährt die Leserin/ der Leser etwa über die Mixteken, deren Goldschmiedekunst berühmt war, über die Tarasken, ein kriegerisches Volk, dessen Herkunft im Dunklen liegt, über die Quechua, die als die Erben der Inkas gelten, oder über die Tiahuanaco-Menschen, deren Stadt, mitten in den Anden in der Nähe des Titicaca-Sees gelegen, zu den beeindruckensten Ruinenstätten Südamerikas zählt.
Dennoch bleibt es nur eine Auswahl, wobei sein Interesse vor allem den Hochlandindianern und Indianern Mittelamerikas gilt. Aus den zahlreichen Stämmen Brasiliens zum Beispiel/ ca. 140/ wählt er nur einen einzigen, den der Aukas, aus.
Das Ziel von René Oth ist es anschaulich, lebendig und fesselnd in die Welt dieser Völker einzuführen. Ob nun über die Zeit ihrer Blüte oder ihres Untergangs berichtet wird, ob es um die Entdeckungsreisen der europäischen und amerikanischen Forscher unserer Tage geht, oder ob er über die Nachfahren mit ihrem Schicksal als Randexistenz in der Gegenwart berichtet. Es soll Geschichte/ Geschichten erzählt werden, die, so der Autor in seinem Vorwort, "immer kulturgeschichtlich zuverlässig und, was die Fakten angeht, exakt" sind und "bis ins letzte Detail stimmen", und die, unter zu Hilfenahme von erzählerischen Mitteln, "den Leser selbst zum "Augenzeugen" des Erzählten" werden lassen soll. Doch da krankt das Vorhaben. Da sind die Prämissen - meines Erachtens - falsch. Denn wenn auch die Funde vorhanden sind, sogar Schriftliches existiert, so kann so weit zurückreichende Geschichte nur als Annahme, als Interpretation von dem wenigen Überlieferten geschrieben werden, und nicht als Wahrheit, wie es von René Oth postuliert wird. Das im Grunde nur Spekulative wird zur Gewissheit. Das ist dem Text anzumerken, und macht ihn fragwürdig.
Die Photographien sind in ihren Inhalten gut gewählt, wenn auch das eine oder andere veraltert anmutet. Irritierend ist hingegen, dass die Literaturangaben am Ende des Buches nur einen Teil dessen ausmacht, was der Autor im Text zitiert.
Es ist ein bewusst populärwissenschaftlich gehaltenes Buch, das, ergänzend zu den anderen Büchern des Autors, die in einigen Zweigstellen schon vorhanden sind, sicher seine Leserschaft finden würde, auch wenn ich es nicht unbedingt empfehlen kann. Also mit Einschränkung Auswahlliste.

Battenberg Verlag, München 2002. 175 S., zahlr. Ill.

Thomas Jürgens

 

 

 

 

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