Philosophie/Psychologie/Pädagogik
Veith, Peter
Jedes Kind braucht seinen Platz: Geschwister in der Familie
Peter Veith versucht in seinem Buch Eltern über die
Schwierigkeiten und Chancen von Geschwisterbeziehungen zu informieren.
Da diese Beziehungen, nach klassischer Lehrmeinung prägend
für das ganze Leben sind, ist es für verantwortungsbewusste
Eltern natürlich wichtig, möglichst viel darüber
zu wissen. Der Autor möchte Hilfestellung geben, kritische
Situationen zwischen Geschwistern rechtzeitig zu erkennen, um
möglichen Entwicklungsstörungen entgegenzuwirken.
Anhand konkreter Beispiele und praktischer Hinweise sollen die
LeserInnen versuchen, das Gelesene auf die eigene Familie anzuwenden.
Die Tipps, wie man als Eltern mehr Harmonie zwischen Geschwistern
erreichen kann, sind durchaus nützlich, nachvollziehbar
und leicht verständlich. Ein für manche vielleicht
nettes Detail sind jene Notizen, in denen der Einfluss der Geschwisterbeziehung
auf den Werdegang bekannter Persönlichkeiten wie Hermann
Hesse, Michael Jackson oder Madonna untersucht wird.
Freiburg: Herder 2000. 191 S, öS 137,-.
Wolfgang Witek
Prof. Dr. Keller, Heidi; Prof. Dr. Lohaus, Arnold
Fotos: Heidi Velten
Was Dein Kind Dir sagen will
Dieser Ratgeber läßt sich in zwei Hauptteile gliedern:
Einen ausführlichen Bildteil, die Fotos wurden extra für
dieses Buch gemacht, und einen eher bescheidenen Textteil.
Leider bleibt die pädagogische, entwicklungspsychologische
Einführung sehr an der Oberfläche. Nur grob wird die
Entwicklung des Kindes während seiner ersten zwei Lebensjahr
geschildert. Dr. Heidi Keller und Dr. Arnold Lohaus beschränken
sich auf kürzeste Ausführungen zu wichtigen Schlagworten
in dieser Entwicklungsphase: Verhaltensentwicklung bis zum Ende
des zweiten Lebensjahres, Beziehung zwischen Eltern und Neugeborenem,
Eltern und Kleinkind, Kindern untereinander.
Natürlich liegt das Hauptgewicht das Buches auf dem Bildteil
- Dank an Heidi Velten, der so manches Gustostückerl eines
Kinderfotos gelungen ist! - , natürlich ist es ein flüssig
geschriebener, leicht verständlicher Ratgeber, in schöne
Form gebracht. Aber ist das wirklich alles, was man von zwei
renommierten Entwicklungspsychologen erwarten darf?
Niedernhausen: Falken Verlag 2000. 160 S. öS
146.
Thomas Jürgens
Müller, Theresa
Ist unser Kind hoch begabt?
Am Anfang steht oft ein Verdacht: Ist unser Kind
hoch begabt? In dieses Buch hat die Autorin ihre langjährige
Erfahrung mit hoch begabten Kindern und Jugendlichen und deren
Eltern einfließen lassen.
Theresa Müller gibt dem Leser Tipps zur Beobachtung im
Alltag, informiert über die verschiedenen Ausprägungen
einer Hochbegabung vom Kleinkindalter bis zum Gymnasium. Dazu
bringt sie immer wieder Beispiele aus dem Leben dreier Hochbegabter,
die sie über einen längeren Zeitraum beobachten konnte.
So nimmt sie dem Buch die Trockenheit einer Anleitung für
Eltern solcher Kinder.
Weiters geht sie kurz auf die Geschichte der Hochbegabten ein,
weist auf die verschiedenen Formen der Hochbegabung hin, stellt
Intelligenztest und Fördungsmöglichkeiten vor, die
von den Eltern eingefordert werden sollten, wenn sie ein hoch
begabtes Kind haben.
Ein ausführliches Kapitel beschäftigt sich mit der
Schulzeit. Hier kommen nicht nur die Probleme der Unterforderung,
der frühzeitigen Einschulung sowie dem Überspringen
von Schulstufen zur Sprache, sondern auch die sozialen Schwierigkeiten,
die sich zwangsläufig aus diesen Schritten und den darausfolgenden
Altersunterschieden ergeben.
Explizit verweist die Autorin auf das Anderssein dieser Kinder
und die damit verbundenen Verantwortung der Eltern, rechtzeitig
auch Gefahren erkennen zu können - wie geht man beispielsweise
mit einem hoch begabten Tiefstapler um?
Im Anhang finden sich Kontaktadressen, die sich leider nur auf
Deutschland beschränken.
Theresa Müllers Ratgeber ist übersichtlich gegliedert,
flüssig geschrieben, ein Buch, mit dem sich Eltern, die
ein "verdächtiges" Kind haben, eine prägnante
Erstinformation holen können.
Als Einführung in die Thematik des pädagogischen Umgangs
mit Hochbegabung sicherlich geeignet.
Berlin: Ravensburger
2000. 128 S. öS 145.-
Thomas Jürgens
Bettermann, Stella
Mama solo!
Das Rettungsbuch für Single-Mütter.
Der Titel als Konzept. Schon wähnt man sich als Leser wieder
in der Falle der alles-ins-Lot-bringenden Überpädagogen.
Doch bereits nach ein paar Seiten korrigiert man sein voreiliges
Urteil, denn dieses Buch ist nicht nur ohne erhobenen Zeigefinger
informativ, es ist dazu noch wirklich lesbar. Da hat eine Frau
- eine Single-Mama - ein Buch geschrieben, das völlig ohne
mitleidheischenden Seitenblick auskommt, in dem aber auch die
Supermutter nichts verloren hat. Soviel zur herzerfrischenden
Leseüberraschung.
Stella Bettermann erzählt ihre Geschichte, augenzwinkernd,
aber doch mit dem der Sache eigenen Ernst. Und trotzdem gleitet
das Buch nie ganz ins Persönliche ab. Und das ist gut so.
Geschickt baut die Autorin sinnvolle Ratschläge und Informationen
ein. Dabei reicht die Palette von Tips für die effektive
Organisation des Alltags für Mütter mit Ganztagsjob
bis zur "Anleitung", wie mit eventuell zukünftigen
Lebenspartnern umgegangen werden kann. Ausführlich geht
Stella Bettermann auch auf die finanziellen Seiten des Single-Mutter-Daseins
ein mit dem Fazit: Und wenn die Mittel noch so beschränkt
sind, auch eine alleinstehende Mutter muß sich mal was
gönnen dürfen.
Dann ist da noch die Sache mit dem Allein - (V)Erziehen: Am
besten weiß imer noch die Mutter, was gut für ihr
Kind und sie selbst ist, gutgemeinte Ratschläge von außen
müssen nicht immer das Gelbe vom Ei sein.
Und daß Stella Bettermann ihr Buch ein "Rettungsbuch"
nennt, ist spätestens nach der Lektüre absolut gerechtfertigt:
Am Ende hat man nicht nur ein paar gute Tips mehr in der Tasche,
man hat nicht nur eine charmante Geschichte gelesen, sondern
man hat ganz einfach das Gefühl, es gibt andere, denen
geht es genauso (gut).
Frankfurt/Main:
Eichborn 2001. 203 S. öS 218.-
Thomas Jürgens
Gürtler, Helga
Regeln finden ohne Tränen
Erziehungstipps für gestresste Eltern.
Dieser sehr positiv motivierende Erziehungsratgeber ist ein
wahres Plädoyer für die Gleichberechtigung von Kindern
und Eltern. Helga Gürtler, die von den Grundideen des brühmten
Pädagogen Rudolf Dreikurs ausgehend ihr pädagogisches
Konzept entwirft, sieht ihr Buch keinesfalls als Sammlung von
Patentrezepten, sondern als sanften Begleiter und Ratgeber,
der den Eltern Mut machen soll. Dabei stellt sie eine konsequent
demokratische Erziehung in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen,
die jedoch nicht nur auf die Wünsche und Bedürfnisse
der Kinder eingeht, sondern die sich endlich lösen soll
von der überholten Vorstellung, daß Kindererziehung
gleichzeitig Selbstaufgabe zum Wohl des Kindes bedeutet. Eltern
sind auch nur Menschen, die heutzutage unter den verschiedensten
Umständen mit ihren Kindern zusammenleben - das traditionelle
Vater-Mutter-Kind-Schema hat ausgedient. Ausgehend von diesen
neuen Zusammenlebensformen gilt es seinen eigenen, sehr persönlichen
Erziehungsstil zu entwickeln.
In sehr übersichtlich gegliederten Kapitel, die sie mit
anschaulichen Beispielen auflockert, legt Helga Gürtler
ihr Hauptaugenmerk auf Gleichberechtigung, Achtung, Demokratie,
Gelassenheit und gegeseitiges Verständnis. Miteinander
sollen Regeln und Grenzen ermittelt werden - Erziehung als Versuch,
einen familientauglichen Konsens zu finden, nicht Erziehung
als falschverstandenes Machtmittel! Helga Gürtler sieht
in dieser Form der Gleichwertigkeit von Kindern und Eltern die
Grundvoraussetzung für das Heranwachsen von Kindern zu
sebstbewußten, verantwortungsvollen Persönlichkeiten.
Vielleicht nicht für jedermann, denn das Buch plädiert
für eine minimale, sehr liberale Erziehung! Breite Einsetzung
wäre dennoch wünschenswert.
Berlin: Urania-Ravensburger
1999. 143 S. öS 145.
Thomas Jürgens
Rohmann, Ulrich
Manchmal könnte ich Dich...
Auch starke Kinder kann man erziehen, man muß nur wissen
wie!
Es gibt Kinder, die sind anders, bei ihnen versagen alle Bemühungen,
alle Ratschläge, die die heutige konventionelle Pädagogik
zu bieten hat. Diese Kinder werden dann häufig als tyrannisch,
verhaltensgestört oder schwer erziehbar klassifiziert.
Diese Kinder, zu denen der bekannte Kinderpsychologe Ulrich
Rohmann vorallem auch autistische Kinder zählt, sind einfach
nur stärker und intensiver als ihre Zeitgenossen.
Konsequenz gilt als das Zauberwort in der aktuellen Erziehungsdiskussion,
ist aber nur dann zielführend, wenn Vater oder Mutter wirklich
"konsequent" konsequent sein können - in unserer
meist zeitbegrenzten Welt ein Luxus oder eine Illusion.
Ulrich Rohmann geht aus vom Zustand: Eltern müssen auf
ihre starken Kinder ständig reagieren. Nun packt er die
Sache von der entgegengesetzten Seite an und lehrt uns das Prinzip
der Unberechenbarkeit, des kreativen Chaos. Mit Hilfe von erhöhter
Aufmerksamkeit, Humor und Kommunikation lernen Eltern neue Arten
von Re-aktionen, die durch das Prinzip der Unberechenbarkeit
in Aktionen umgewandelt werden - der unselige Bann des ewigen
Reagieren-Müssens wird dadurch gebrochen!
Eltern, die sich auf diese Methode einlassen, müssen, können
und dürfen alles bis dahin Gelernte und Gedachte vergessen,
sie werden mit ihren Kindern eine neue Grundlage für ein
harmonisches Miteinander schaffen.
Ein übersichtlich gegliedertes Buch, das Rohmann ausdrücklich
nicht wissenschaftlich nennt. Verständlich geschrieben
mit vielen anschaulichen Beispielen ist es ein Buch von Eltern
für Eltern.
Dortmund: borgmann
publishing, 1998. 140 S. öS 240.-
Thomas Jürgens
Juul, Jesper
Grenzen, Nähe, Respekt
Wie Eltern und Kinder sich finden.
Jesper Juul, wohl einer der bekanntesten zeitgenössischen
Familientherapeuten - 1997 veröffentlichte er den pädagogischen
Bestseller "Das kompetente Kind" - setzt sich für
die "gleichwertige Familie" ein, in der die Bedürfnisse
aller befriedigt werden. In seinem hier vorliegenden Buch beschäftigt
er sich mit Konflikten als Ausgangspunkt familiendynamischer
Prozesse.
Verschiedenartigkeit der Partner, dazu zählen bei Juul
auch die Kinder, müssen nicht nur akzeptiert werden, sondern
auch als Gewinn für die Gemeinschaft gesehen werden. Grenzen
setzen bedeutet hier nicht den Anderen einzuschränken,
sondern sich selbst abzugrenzen, es geht um die Definition des
Ichs. Eltern und Kinder sollten lernen, die Grenzen des jeweilig
anderen zu erkennen und zu beachten, denn nur diese Wechselwirkung
kann zu gegenseitigem Respekt und zu einem Gleichgewicht innerhalb
einer Familie führen. Weiterführend geht Juul auf
den Konflikt und seine Lösungsmöglichkeiten ein. Immer
wieder weist er darauf hin, daß Eltern die Verantwortung
für Konflikte zu übernehmen haben, daß man in
Konfliktsituationen stets zwischen der Person und der Sache,
um die es geht, zu unterscheiden hat. An Konflikten können
Eltern wachsen, wenn sie die Schuld nicht ihren Kindern geben,
sondern sich bemühen, mit Geduld und starkem Willen sich
selbst und ihre Kinder ernst zu nehmen.
Wieder hat Jesper Juul ein kompetentes Buch vorgelegt, das den
Eltern, die sich auf die Methode der Gleichwertigkeit einlassen,
ein guter Ratgeber ist. Denn für Juuls Methode muß
man sich von der klassischen Pädagogik schon ziemlich abwenden.
Da Juul ein Pädagoge mit einem sehr modernen Erziehungsansatz
ist, sollte dieser dünne Ratgeber überall zu bekommen
sein. Auswahlliste.
Reinbek bei Hamburg:
Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH 2000. 90 S. öS 109.-
Thomas Jürgens
Dave Grossman und Gloria DeGaetano
Wer
hat unseren Kindern das Töten beigebracht?
Ein Aufruf gegen Gewalt in Fernsehen, Film und Computerspielen
.
Die Autoren des Buches zeigen eindringlich auf,
welche Folgen die Gewaltdarstellung und Gewaltverherrlichung
in Videofilmen, Fernsehen, Computerspielen (vor allem in interaktiven
Spielen) auf die Entwicklung unsere Kinder und Jugendlichen
hat. Die Massaker, die Halbwüchsige in den letzten Jahren in
Paducah und Littleton (beides Orte in USA) und in Erfurt und
Bad Reichenhall (beides Orte in Deutschland) angerichtet haben,
sind nur die Spitze eines Eisberges! Schon Kinder werden durch
solche "Vergnügen" konditioniert, Menschen zu töten oder andere
Gewalttaten zu verüben und halten bald solche Verhaltenweisen
für "cool" bzw. völlig normal! Mehrfach wird darauf hingewiesen,
dass die Darstellungen von Gewalt zur Nachahmung anregen und
dass es vor allem bei Kindern und Jugendlichen zu einem Suchtverhalten
kommt, das ständig stärkere Anreize zur Befriedigung braucht.
Sogenannte "Ego-shooter" in denen der Spieler selbst die Waffen
benützen kann und Gegner damit tötet, sind die wirkungsvollsten
Aufputschmittel dieser Art und werden auch vom Militär als Ausbildungsprogramme
für Scharfschützen verwendet. Natürlich spielt auch die Verfügbarkeit
von Waffen bei den begangenen Verbrechen eine grosse Rolle:
In den meisten Fällen waren die Väter der Täter im Besitz von
Feuerwaffen. Dabei ist die Desensibilisierung gegen Gewalt und
Gefühllosigkeit ein wesentliches Moment beim Schritt vom Spiel
zum Ernst - von der Fiktion zur Realität. Die beigefügten Statistiken
sprechen eine sehr deutliche Sprache. Sie zeigen unter anderem,
dass die Jugendkriminalität nicht nur rasch ansteigt, sondern
auch, dass Gewaltverbrechen mit immer jüngeren Jahren verübt
werden. Was die Bekämpfung des Übels angeht, werden leider keine
sehr starken Mittel angeboten, Natürlich wünschen sich die Autoren
vom Staat und von den Herstellern der Medien mehr Verantwortungsgefühl
und bessere Kontrollen bzw, Beschränkungen beim Verkauf solcher
Artikel. Die Ratschläge für Eltern und Lehrer sind aber eher
nebulos und schwer zu befolgen, daher sicher nicht effizient.
Im Nachwort zur deutschen Ausgabe verweist B. Sandkühler auf
die Möglichkeit der Waldorfschulen , weil hier ein starkes Selbstwertgefühl
aufgebaut wird und weil hier viel Wert auf Sozialkontakte sowohl
zwischen den Schülern als auch zwischen Schülern und Lehrern
gelegt wird. Alles in Allem ein sehr aktuelles Buch, das sicher
einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über den Zusammenhang
von Gewalt in diversen Medien und der Jugendkriminalität bildet.
Neben Fromm, "Digital spielen - real morden? Und Gardiner "Mörder
ohne Schuld" anzubieten.
Aus dem Amerikan. Von Martin Kraus und Bruno
Sandkühler. Mit erg. Beitr. Von Werner Glogauer...Hrsg. in Zarb.
Mit der Alliance for Childhood. - Dt. Ausg., 1. Aufl. - Stuttgart
: Verl. Freies Geistesleben, 2002. - 194 S. Paperback EUR 14,50