Mit fast 3 Millionen Menschen beherbergt
Österreichs größte Totenstadt mehr Menschen als das Wien der Lebenden.
Wie eine Stadt präsentiert sich das 2,5 km² große Areal, welches
mit einer hohen Mauer umgeben ist, deren Tore am Abend geschlossen werden.
Gleich
bei Tor 3, dem prunkvollen, 1905 von Max Hegele gestalteten Hauptportal,
beginnt die "City", in der die Reichen und Berühmten ihre letzte
Adresse gefunden haben. Von "Ruhe" ist hier kaum die Rede, denn diese
Allee mit ihren Ehrengräbern
ist wohl der am meisten besuchte Platz des Friedhofs. Nicht alle Gräber der
V.I.P.-Abteilung beinhalten auch denjenigen, der draufsteht. Manchmal handelt
es sich um ein reines Denkmal.
Mit dem friedhofsinternen Bus oder dem eigenen Auto (Einfahrtsgebühr: 25,-
öS) gelangt man leicht in die anderen Stadtviertel:
- In die arg vernachlässigte israelitische Abteilung, wo neben vielen
anderen Arthur Schnitzler und Friedrich Torberg ihren Grabstein stehen haben,
sowie in die neue israelitische Abteilung (Tor 5). Diese beiden Abteilungen
nehmen zusammen ein Drittel des gesamten Friedhofareals ein.
- In die evangelische Abteilung (Tor 3).
- In die russich-orthodoxe Abteilung (Tor 2).
- In die Gedenkanlage für die Opfer im Kampf um Österreichs Freiheit
1934 - 45.
- In den Friedhof der Roten Armee, wo die Grabinschriften in zyrillischer
Schrift eingemeißelt sind.
Auch die Einkaufszentren fehlen nicht.
Wirte und Würstelstandbetreiber vor und um den Friedhof kümmern sich
um das leibliche Wohl der Lebenden. Blumenhändler und Steinmetze sorgen für
die schöne Ausgestaltung der letzten Ruhestätten.
Die Gräber am Zentralfriedhof - besonders die jener Leute, die das nötige
Geld hatten und deren Grab um jeden Preis aus dem Meer der Wohngebäude auffallen
sollte - umfassen alle Geschmacksrichtungen und Baustile. Von edel und prunkvoll,
wie sich kleine Tempel und Häuser präsentieren, bis hin zu originell
oder skuril, wie da ein Angehöriger in einem nachgebauten Zwergenhaus oder
ein anderer in der Nachbildung einer Höhle bestattet wurde.
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Nicht nur die Reichen siedeln sich hier an. In der Totenstadt gibt es auch Armenviertel.
Wird die Gebühr für ein Grab nicht entrichtet, läßt es die
Friedhofsverwaltung noch einige Zeit verfallen, dann wird es "recyclet".
Der Grabstein und die Einfassung wird abgebaut und vom Steinmetz für einen
anderen Toten neu hergerichtet. Das Grab wird geleert und an jemand anderen vermietet.
Auch in dieser Stadt ist ein Platz zu wertvoll, um ihn brach liegen zu lassen.
Zeit ist Geld - das gilt auch für den Tod. Und mit ihm wurden in Wien schon
immer gute Geschäfte gemacht.
Von
den Ehren- und Prunkgräbern wird viel berichtet. In jedem Touristenführer
ist vom Zentralfriedhof zu lesen. Durch die Lage am Stdtrand bietet er sich mit
seiner guten Luft und seiner Weitläufigkeit zur Erholung für Lunge und
Nerven an. Viele Wiener nutzen das Gebiet nicht nur am Sonntag für einen
Spaziergang. Für unzählige Touristen ist er ein beliebtes Sight-Seeing-Ziel.
Doch darf man nicht vergessen, daß hier neben all den Edelleuten und Prominenten
auch "ganz normale" Bürger begraben sind.
Dem Haupteingang gegenüber, auf der anderen Seite der Simmeringer Hauptstraße,
befinden sich auf dem Gebiet des Renaissanceschlosses "Neugebäude"
das 1922 von Clemens Holzmeister errichtete Krematorium sowie der Urnenfriedhof.
Historisches
Die Planung und Durchführung der Bauarbeiten
war 1866, als die Errichtung des Zentralfriedhofs in Planung ging, von vielen
Diskussionen und harten Kontroversen begleitet. Viele waren dagegen, daß
er der erste interkonfessionelle Friedhof Wiens werden sollte und forderten zumindest
klare, bauliche Abgrenzungen der einzelnen Bereiche. Konnte man so einen "Mischmasch"
überhaupt einweihen, ohne sich Gottes unermeßlichen Zorn zuzuziehen?
Ob die deutschen Architekten Karl Mylius und Alfred Bluntschi tatsächlich
die Bauaufsicht vernachlässigt haben, bleibt unklar. Tatsache ist, daß
die Bauwerke nur sehr langsam fertiggestellt wurden.
Den Unmut der Bevölkerung erregte die lange Anreise, die sie für einen
Besuch ihrer verstorbenen Angehörigen in Kauf nehmen sollten und die sich,
besonders im Winter, als sehr mühevoll herausstellte, denn eine Straßenbahnverbindung
gab es noch nicht.
Der Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet und eingeweiht. Seitdem wurde er
mehrmals erweitert.
Erst
1898 wurde Max Hegele mit der Gestaltung der Kirche sowie der Leichenhallen beauftragt.
Von 1907 bis 1910 wurde dann an dem wuchtigen Gotteshaus gebaut. Zu Ehren des
in ihm beigesetzten Bürgermeisters wurde es Dr.
Karl Lueger Gedächtniskirche genannt und 1911 eingeweiht, gilt als
eines der hervorragendsten Jugendstilgebäude in Wien und bildet das Zentrum
in der geometrischen Anordnung der Alleen.
Simmeringer Hauptstraße
234 (Tor 2). |
Täglich geöffnet: |
Mai - August |
7 - 19 Uhr |
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März - April und September - Oktober |
7 - 18 Uhr |
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November - Februar |
8 - 17 Uhr |
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